von Marie Deisinger, Clara Gauger, Luiza Gehrke, Marie Huber, Johanna Weyersbach
Die heutige Welt strebt mehr denn je nach Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Unternehmen, die sich in diesen Bereichen als Vorreiter präsentieren, können auf ein positives Image und gesteigertes Kundeninteresse hoffen. Doch hinter einigen dieser glänzenden Fassaden von umweltfreundlichen Versprechungen können sich manchmal düstere Geheimnisse verbergen.
Die Automobilbranche steht oft im Rampenlicht, wenn es um Umweltbelange geht. Doch ein Skandal der letzten Jahre erlangte besonders große Medienaufmerksamkeit. Der Volkswagen-Skandal von 2015 enthüllte nicht nur die Schattenseiten der Automobilindustrie, sondern verdeutlichte insbesondere das Problem des sogenannten Greenwashings. Es kam ans Licht, dass Volkswagen jahrelang die Abgaswerte seiner Dieselfahrzeuge manipuliert hatte, um die strengen Umweltauflagen zu umgehen. Dieser Skandal zeigt, dass sogar renommierte Unternehmen bereit sind, ihre Umweltversprechen zu brechen, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen.
Doch wie können sich Verbraucher: innen dann noch vor Greenwashing schützen? Gibt es Methoden, um Greenwashing einfacher zu erkennen?
Da Greenwashing so vielfältig ist, ist es für Rezipierende schwer, es zu erkennen. Daher gibt es leider auch nicht die eine Daumenregel, um Greenwashing zu erkennen. Es ist aber wichtig, ein Bewusstsein und Sensibilität für dieses Thema zu schaffen und zu wissen, aus welchen Motiven heraus und mithilfe welcher Strategien Unternehmen Wert auf eine grüne Außendarstellung legen. So kann man als Rezipient: in das Unternehmen, sein Engagement und seine Produkte kritisch hinterfragen. (Juliane Keilmann, JGU Mainz)
Im Volkswagen-Fall kam es zu einem starken Vertrauensbruch der Gesellschaft. Kund: innen, die einst in Volkswagen als verantwortungsbewusstes Unternehmen vertrauten, wurden betrogen. Im selben Moment gewann der Begriff Greenwashing immer mehr an Bedeutung. Im folgenden Blogbeitrag wollen wir Licht auf den Begriff Greenwashing und seine Folgen werfen.
Was passiert, wenn grüne Versprechen nach hinten losgehen?
In den letzten Jahren ist auch bei Unternehmen das Bewusstsein für die eigene ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung gestiegen. Das liegt unter anderem daran, dass viele Konsument: innen vermehrt ihr Konsumverhalten reflektieren und sich für nachhaltige Produkte interessieren.
Aus diesem Grund stellen viele Unternehmen „grüne Versprechen“ auf, um ihr Image aufzuwerten. So behaupten diese Unternehmen z.B., dass ihre Produkte nachhaltig produziert werden oder dass sie sich für die Umwelt engagieren. Dadurch erwecken sie aber eine Erwartungshaltung bei den Konsument: innen, die davon ausgehen, dass die Unternehmen ihre grünen Versprechen auch erfüllen.
Häufig stellen sich die Unternehmen in ihrer Kommunikation aber umweltfreundlicher dar, als sie es tatsächlich sind. Wenn Konsument:innen auffällt, dass die grünen Versprechen nicht eingehalten werden, fühlen sie sich in ihrer Erwartungshaltung verletzt. Die Konsequenz: Sie stufen das Verhalten der Unternehmen als Greenwashing ein.
Der Versuch der Manipulation der Konsument: innen kann also nach hinten losgehen, es kommt zu so genannten Backfire-Effekts und die Konsument:innen bewerten das Unternehmen negativer. Wie negativ ist in der Wissenschaft aber nicht ganz eindeutig:
Wir haben gesehen, dass schon kleine grüne Lügen deutlich mit negativen Folgen für die Reputation des Unternehmens abgestraft werden, wir haben aber in anderen Experimenten, die zwar methodisch sehr ähnlich aufgebaut, inhaltlich aber anders gestaltet waren, auch gesehen, dass trotz bestehender Diskrepanz die Schäden für die Reputation gar nicht so drastisch waren - womöglich, weil die Teilnehmenden es aufgrund dieser speziellen grünen Aktivität des Unternehmens wertgeschätzt haben, dass es überhaupt ein Engagement in diesem Bereich gibt. (Juliane Keilmann, JGU Mainz)
Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse haben Juliane Keilmann und Prof. Dr. Thomas Koch (2023) von der Johannes Gutenberg-Universität die Auswirkungen auf das Image der Unternehmen in zwei Teilstudien genauer untersucht.
Studie: Mechanismen und Auswirkungen von Greenwashing auf den Ruf und die Glaubwürdigkeit von Unternehmen
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass wenn der versprochene Umfang des grünen Engagements nicht mit dem tatsächlichen übereinstimmte, die Teilnehmer die Reputation des Unternehmens, seine Glaubwürdigkeit und die Glaubwürdigkeit seines grünen Engagements negativer bewerteten. Schon ein kleiner Unterschied zwischen versprochenem und tatsächlich geringerem Engagement reichte aus, um diese Auswirkungen zu erkennen. Wenn keine Unterschiede zwischen dem versprochenen und dem tatsächlichen grünen Engagement vorlagen, wurden die Reputation und die wahrgenommene Glaubwürdigkeit des Unternehmens, sowie die wahrgenommene Glaubwürdigkeit des Engagements nicht negativer bewertet.
Falsche Versprechungen zum grünen Engagement, führten dazu, dass die Erwartungen der Teilnehmer verletzt wurden. Außerdem wurden sie dadurch auf die Greenwashing-Aktivitäten des Unternehmens aufmerksam. Dies schadete wiederum dem Ruf und der Glaubwürdigkeit des Unternehmens, sodass sogenannte Backfire-Effekte (Rückkopplungseffekte) auftraten. Das bedeutet, dass ein Unternehmen und dessen Reputation unter Annahme des grünen Engagements zunächst günstiger wahrgenommen werden. Nach der Enthüllung, dass die versprochenen Umweltbemühungen jedoch nicht dem tatsächlichen Engagement entsprechen, wird die Reputation des Unternehmens jedoch geschädigt. Das „grüne“ Engagement des Unternehmens, das ursprünglich das Image verbessern soll, fällt also wieder auf das Unternehmen zurück und bewirkt das Gegenteil, nämlich eine Schädigung der Reputation.
Doch was bedeuten all diese Befunde nun für uns konkret?
Beide Experimente zeigten, dass sich eine Verletzung der Erwartungen durch falsche oder irreführende Kommunikation negativ auf den Ruf einer Organisation auswirkt. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine ehrliche und transparente Kommunikation für Unternehmen entscheidend ist, um ihre Glaubwürdigkeit in den Augen der Verbraucher zu erhalten. Es liegt nun an den Unternehmen, die langfristigen Folgen ihrer trügerischen Schein-Maßnahmen zu untersuchen, um festzustellen, dass trotz kurzfristigem Aufpolieren ihres Images, keine anhaltende Aufwertung ihres Rufs folgt. Ganz im Gegenteil, sobald solch ein Skandal, ein taktisches Belügen der Kundschaft, auffliegt, kann ein Unternehmen ganz schnell gecancelt werden.
Die Forscher:innen haben bereits Empfehlungen für weitere Studien gegeben, welche Greenwashing auch in anderen Kontexten, wie beispielsweise dem Gesundheitsbereich oder Sport untersuchen soll. Auch abstraktere Versprechen wie "Wir streben eine nachhaltigere Produktion an" bieten Subdimensionen, welche noch nicht ausreichend durchleuchtet wurden. Generell warnen die Expert:innen davor, dass Greenwashing in vielen verschiedenen Arten und Formen kommt, welche oftmals für die Mehrheit schwer zu erkennen sind.
Das experimentelle Design der Studie hat es den Teilnehmer: innen natürlich leicht gemacht, die Täuschung festzustellen. Doch wie sieht das in der Realität aus? Achten wir alle ausreichend auf die Wahrhaftigkeit grüner Versprechen, oder glauben wir vielen Unternehmen einfach aus Routine und persönlichere Präferenz?
Zusammengefasst konnte die Studie erste wichtige Einblicke in die Auswirkungen von Greenwashing auf die Reputation feststellen, und somit vielleicht erste Firmen dazu anregen, transparenter und ehrlicher zu kommunizieren. Es bedarf dennoch weiterer Maßnahmen, um Greenwashing langfristig aus Marketingstrategien von Unternehmen zu verbannen und genereller Aufklärungsarbeit, um auch als Laie Betrugsmaschen schneller festzustellen.
Es liegt also an jedem einzelnen von uns, sich und seine Lieblingsunternehmen regelmäßiger zu hinterfragen, und kein blindes Vertrauen zu verschenken. Greenwashing kann langfristige Umweltschäden zur Folge haben, welche wir alle aktiv vermeiden müssen!
Literatur
Keilmann, J. & Koch, T. (2023). When environmental claims are empty promises: How greenwashing affects corporate reputation and credibility. Environmental Communication, 1–19. https://doi.org/10.1080/17524032.2023.2267782
Bildquellen
https://www.theurbangardeninitiative.org/blog/greenwashing
https://www.thedenizen.co.nz/wellbeing/greenwashing-how-to-spot-it-and-be-an-eco-conscious-consumer/